Rückwärtssalto der Rechtsprechung bei der Anpassung von Preisgleitklauseln in der Fernwärme
Der Gesetzgeber hat bei der Änderung der AVBFernwärmeV (AVB) Ende 2021 eine Klarstellung in den § 24 AVB eingefügt, nach dem es dem Fernwärmeversorgungsunternehmen nicht möglich sein soll, eine Preisgleitklausel (PGK) allein aufgrund einer öffentlichen Bekanntmachung wirksam werden zu lassen. Die Versorger konnten Änderungen der PGK- beispielsweise weil der in der PGK verwendete Brennstoff ersetzt wurde – vorher mit einer allgemeinen öffentlichen Bekanntmachung wirksam werden lassen. Die Änderung kam ohne Zustimmung der Kunden zustande, musste aber den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Nach einigen unterschiedlichen Urteilen zu diesem Sachverhalt und einer Äußerung des BGH zu diesem Thema nahm der Gesetzgeber die Änderung der AVB vor und begründete dies mit den „Bedenken“ des BGH an dieser Änderungspraxis.
Der BGH hat in einer Entscheidung vom 26. Januar 2022, Az. VIII ZR 175/19 klargestellt, dass er von dem Gesetzgeber falsch verstanden worden ist und dass die bisherige Praxis der öffentlichen Bekanntgabe zur Änderung einer PGK wirksam gewesen sei. Diese Entscheidung bezog sich auf die Rechtslage vor der Änderung der AVB.
Das Urteil ist noch nicht schriftlich abgesetzt, die Urteilsgründe werden vermutlich erst in den nächsten Wochen vorliegen. Nach den Äußerungen des BGH in der mündlichen Verhandlung wird klar, dass der BGH der Ansicht ist, dass
a. ein Fernwärmeversorger während der Vertragslaufzeit die Möglichkeit haben muss, eine PGK anzupassen und
b. Änderungskündigungen vermieden werden sollen, um langfristige Verträge – die nicht zuletzt auch dem Schutz des Kunden dienen – zu erhalten.
Nach Ansicht des BGH benötigt der Fernwärmeversorger auch nach der Änderung der AVB noch taugliche Instrumente zur Anpassung der PGK. Diese müssen der Regelung des § 24 Abs. 4 S. 4 AVB entsprechen . D. h. eine öffentliche Bekanntmachung reicht damit vermutlich nicht. Eine Anpassungsmöglichkeit ist aber notwendig, um Liefereinstellungen zu vermeiden.
Nun wäre der Gesetzgeber gefordert, eine Regelung zu schaffen, die eine Umstellung der PGK für den Lieferanten einfacher macht. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht die Unsicherheit, wie Lieferanten angesichts immer neuer Belastungen (BEHG, „Gasspeicher-Umlage“) ihre PGKn anpassen können, ohne im Massengeschäft auf die Zustimmung des Kunden angewiesen zu sein oder Änderungskündigungen vornehmen zu müssen.
Sobald die Urteilsbegründung schriftlich vorliegt, werden Sie hier an dieser Stelle zu den Inhalten informiert werden. Wenn Sie zwischenzeitlich Fragen haben, unterstützen wir Sie gerne bei diesem Thema, sprechen Sie uns an!
Elmar Bormacher
Rechtsanwalt
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